Erbrecht

Sein Vermögen der nachfolgenden Generation frei vererben zu können, ist ein Urbedürfnis des Menschen und für eine freie Marktwirtschaft ein unverzichtbares Element. Daher garantiert das Grundgesetz das Erbrecht in seinem Artikel 14 mit den Worten: „Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet.“

Die Erbrechtsgarantie des Grundgesetzes verwirklicht das Bürgerliche Gesetzbuch auf zwei Wegen: Zum einen durch die Schaffung der Rechtsinstitute „Testament“ und „Erbvertrag“, zum anderen durch Schaffung eines gesetzlichen Erbrechts. Die gesetzliche Erbfolge kommt zum Tragen, wenn der Einzelne es unterlassen hat, seine Erbfolge individuell durch Testament oder Erbvertrag zu regeln.

Die Regeln der gesetzlichen Erbfolge entsprechen in vielen Fällen nicht dem Willen der Betroffenen. Beispielsweise weichen die verbreiteten Vorstellungen darüber, wer erbt, erheblich von dem ab, was das Gesetz vorgibt: So sind viele Eheleute, die gemeinsam Eigentümer des Familieneigenheims sind, der Meinung, dass der länger lebende Ehegatte die Haushälfte des erstverstorbenen Ehegatten allein deshalb erbt, weil sie im Grundbuch zu je 1/2 Anteil als Eigentümer des Hauses eingetragen sind. Doch das stimmt nicht. Neben dem länger lebenden Ehegatten sind vorhandene Kinder, ansonsten die Eltern des verstorbenen Ehegatten, und wenn diese nicht mehr leben, die Geschwister oder deren Kinder ebenfalls Miterben. Dieses Ergebnis der gesetzlichen Erbfolge ist oft nicht bekannt.

Um vor solchen Überraschungen geschützt zu sein, ist es ratsam, sich rechtzeitig Gedanken über die Erbfolge zu machen. Diese sollte in einer vom Gesetz gebotenen Form niedergelegt werden – im Idealfall mit Hilfe der fachlichen Kompetenz eines Notars mit Erfahrung in der Regelung erbrechtlicher Verhältnisse.

DAS TESTAMENT

Das Testament ist die Grundform der Regelung der Erbfolge. Es ist eine jederzeit widerrufliche Bestimmung der Erbfolge durch eine Person und kann eigenhändig und ohne notarielle Hilfe geschrieben werden. Dies ist zulässig und auch beliebt. Manchem gefällt diese Form allein schon wegen ihres höchst individuellen Charakters, der unbestreitbar ist. Jedoch enthält das Erbrecht einige Fallstricke, die dem normalen Testator unbekannt sind. So kann es passieren, dass Gestaltungsfehler erst erkannt werden, wenn es für Korrekturen zu spät ist – nämlich nach dem Tod des Testators. 

Desweiteren ist der auffälligste Charme des eigenhändigen Testaments, nämlich seine Kosten- und Gebührenfreiheit, nur ein scheinbarer. Wer nämlich sein Erbrecht auf ein eigenhändig geschriebenes Testament stützt, bedarf zum Nachweis der Erbfolge immer eines kostenpflichtigen Erbscheins. Ist jemand jedoch in einem notariell beurkundeten Testament zum Erben berufen, benötigt er in aller Regel keinen Erbschein. Zum Nachweis der Erbfolge genügt die Vorlage des beurkundeten und vom Amtsgericht eröffneten notariellen Testaments. Die Kosten, die der Testator zunächst spart, indem er seine Erbfolge durch ein eigenhändig geschriebenes Testament regelt, fallen später beim Erben an, da dieser einen Erbscheins erwirken muss. Diese Kosten in die Gestaltung des Testaments zu investieren und dadurch die Erbfolge rechtssicher zu gestalten, ist erheblich sinnvoller als in das rein formale Verfahren der Erbscheinserteilung.

DAS EHEGATTENTESTAMENT

Als Sonderform gestattet das Bürgerliche Gesetzbuch Ehegatten und Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft die Abfassung eines gemeinschaftlichen, eigenhändig geschriebenen Testamentes.

Bei einem solchen Testament schreibt einer der Ehegatten den letzten Willen für beide Eheleute nieder; nach diesem unterschreibt der andere Ehegatte das Testament. Gerade diese Testamentsform hat jedoch eine gefährliche Besonderheit, die weitgehend unbekannt ist: Das Gesetz unterstellt Eheleuten, die diese Form wählen, einen Bindungswillen, dessen diese sich regelmäßig nicht bewusst sind und den sie überdies meist gar nicht haben. Die Folge dieser Unterstellung ist, dass der länger lebende Ehegatte seine im gemeinschaftlichen Testament getroffenen Verfügungen später nicht mehr ändern kann, mögen sich die Lebensumstände seit dem Tod seines Ehegatten auch noch so gewandelt haben.

Als Notare kennen wir die Regeln des Erbrechts, insbesondere dessen Fallstricke, und auch die gesetzlichen Möglichkeiten, um die Erbfolge sachgerecht an den konkreten Fall anzupassen. Die Gestaltung von Testamenten gehört zu unserer täglichen Arbeit. Diese Kenntnisse und Fähigkeiten sollten Sie sich nutzbar machen, es zahlt sich aus.

DER ERBVERTRAG

Das Rechtsinstitut des Erbvertrags ist eine Besonderheit des deutschen Rechts. Andere Rechtsordnungen, insbesondere die unserer Nachbarländer Niederlande, Belgien und Frankreich, lehnen ihn ab, weil sie die dem Erbvertrag innewohnende Bindungswirkung für mit dem Grundsatz der Testierfreiheit unvereinbar halten. Dabei gibt es oftmals ein berechtigtes Bedürfnis, bindende Verfügungen von Todes wegen zu treffen. Der Musterfall hierfür ist die gegenseitige Erbeinsetzung von Eheleuten: der eine Ehegatte setzt den anderen deshalb zu seinem Erben ein, weil der andere den einen zu seinem Erben einsetzt. Diesen Regelungszusammenhang wollen die meisten Eheleute zu Recht als für einen jeden von ihnen verbindlich verankert wissen. Für den Fall von Ehekrisen und eines Scheiterns der Ehe ist ein Rücktrittsrecht vorbehalten.

So verbindet der gekonnt gestaltete Erbvertrag die Prinzipien von Freiheit und Bindung auf ideale Weise. Gerade Patchwork-Familien, in denen Kinder aus verschiedenen Verbindungen aufwachsen, benötigen eine auf ihre besondere Situation zugeschnittene Regelung der erbrechtlichen Verhältnisse. Diese können einseitige, jederzeit frei widerrufliche Testamente nicht schaffen, Erbverträge jedoch schon. Aus gutem Grund bedarf der Erbvertrag von Gesetzes wegen zwingend der notariellen Beurkundung. Dies stellt unter anderem sicher, dass die Vertragsschließenden keine unbedachten Bindungswirkungen eingehen.

Während die Möglichkeit der Abfassung eines gemeinschaftlichen Testaments, wie in den Ausführungen zum Testament erläutert, Eheleuten vorbehalten ist, gilt diese Beschränkung für Erbverträge nicht. Einen Erbvertrag können auch die nicht miteinander verheiraten Lebensgefährten, auch Geschwister untereinander, Eltern mit Kindern und Tanten mit Neffen oder Nichten abschließen.

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